Antikörper-Wirkstoff-Konjugate der 3. Generation: Breite Wirkung im Tumor (2024)

Antikörper-Wirkstoff-Konjugate der 3. Generation: Breite Wirkung im Tumor (1)Antikörper-Wirkstoff-Konjugate der 3. Generation: Breite Wirkung im Tumor (2)

Antikörper-Wirkstoff-Konjugate der 3. Generation: Breite Wirkung im Tumor (3)

Antikörper-Wirkstoff- Konjugate verbinden die Selektivität eines Antikörpers mit der Wirksamkeit von Zytostatika. Foto: Science Photo Library/Ella Maru Studio

Antikörper-Wirkstoff-Konjugate bringen den zytotoxischen Wirkstoff direkt an den Zielort. Nicht nur beim fortgeschrittenen Brustkrebs haben sie ihre Wirksamkeit gezeigt. Neue Entwicklungen tragen dazu bei, dass Vertreter der 3. Generation noch effektiver wirken können.

Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (englisch antibody-drug conjugates, ADC) werden bei verschiedenen Krebskrankheiten erfolgreich eingesetzt. ADC der 3. Generation weisen gegenüber älteren ADC eine optimierte Effektivität auf. Dies kündigt einen zunehmenden Verzicht auf herkömmliche Chemotherapien an.

Ein derartiger Trend zeichnet sich auch in der Therapie des Mammakarzinoms ab, was anlässlich des Senologiekongresses 2022 in Stuttgart rege diskutiert wurde. Prof. Dr. rer. nat. Matthias Peipp von der Sektion für Antikörperbasierte Immuntherapie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel verdeutlichte dies am Beispiel eines modernen gegen den humanen epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor-2 (HER-2) gerichteten ADC und einem entsprechenden Vorgänger-ADC. Beide enthalten Trastuzumab als Anti-HER-2-Antikörper: das ADC der 3. Generation Trastuzumab-Deruxtecan (T-DXd) und das ADC der 2. Generation Trastuzumab-Emtansin (T-DM1).

Grundsätzlich bestehen ADCs im Wesentlichen aus drei Komponenten:

  • dem Antikörper, der auf ein Zelloberflächenprotein gerichtet ist,
  • dem zytotoxischen Wirkstoff (Payload),
  • dem Linker, der das Zytostatikum an den Antikörper bindet.

Damit kombinieren ADCs die Selektivität eines Antikörpers mit der Wirksamkeit von Zytostatika. Derzeit sind bereits einige ADCs zugelassen und mehrere Hundert befinden sich in der klinischen oder präklinischen Forschung (1).

Am Zielort: Mehr zytotoxischer Wirkstoff und breitere Wirkung

Wenn ADCs auf der Zielzelle an der Zelloberfläche binden, wird der gesamte ADC-Komplex über rezeptorvermittelte Endozytose internalisiert. Dieser verschmilzt mit Lysosomen und das ADC wird abgebaut: Der freigesetzte Wirkstoff gelangt ins Zytosol. Er agiert entweder direkt in diesem Kompartiment, zum Beispiel über die Inhibition der Mikrotubulisynthese, oder nach der Translokation in den Zellkern, indem er dort DNA-Schäden auslöst. Beide Varianten induzieren den programmierten Zelltod (1).

ADC der 3. Generation wurden verglichen mit der Vorgängergeneration hinsichtlich der Effektivität weiter optimiert. Zum Beispiel gelang es, das Verhältnis von Wirkstoff und Antikörper (höhere Payload) zu verbessern. Weiterhin sind sie als Novum mit einem sogenannten Bystander-Effekt ausgestattet, erläuterte Peipp. So weise zum Beispiel T-DXd gegenüber T-DM1 ein höheres Wirkstoff-Antikörper-Verhältnis (7–8:1) auf. T-DXd verfüge zudem über eine bystandervermittelte antitumorale Aktivität auf Nachbarzellen, sagte Peipp und erläuterte den Bystandereffekt: Der in das Zytosol freigesetzte Topoisomerase-I-Inhibitor DXd kann die Zellmembran passieren. So erreicht der Wirkstoff in der Mikroumgebung des Tumors auch Tumorzellen, die die Zielstruktur des ADC − in diesem Beispiel HER-2 − nicht auf ihrer Oberfläche exprimieren, und kann sie abtöten. „Daher sind wenige Zellen mit HER-2-Expression erforderlich, um eine Wirksamkeit zu erzielen“, betonte Peipp.

Höhere Effektivität, aber auch mehr Nebenwirkungen

Auch wenn die ADCs der 3. Generation eine höhere Effektivität aufweisen, besteht weiterhin Raum für Optimierungen, so der Experte. Das betreffe zum Beispiel die Wahl geeigneter V-Regionen des Antikörpers, verbesserte Linker-Technologien und neue Payload-Maßstäbe. Weitere Anpassungen könnten auch Escape-Mechanismen der Tumoren gegen die Therapie adressieren, was das klinische Ansprechen weiter verbessern würde.

T-DXd wird zur Behandlung von Erwachsenen mit einem HER-2-positiven nichtresektierbaren oder metastasierten Mammakarzinom eingesetzt. Zuvor sollten eine Anti-HER-2-Therapie im metastasierten oder neoadjuvanten/adjuvanten Setting erfolgt und währenddessen oder innerhalb von 6 Monaten nach Therapieende ein Rezidiv aufgetreten sein, schilderte Prof. Dr. med. Cornelia Kolberg-Liedtke von der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Universitätsklinikum Essen. Etwa 15–20% der Mammakarzinome seien HER-2-positiv und durch hohe Rezidivraten sowie ein aggressives Tumorwachstum gekennzeichnet.

Die bessere Wirksamkeit von T-DXd gegenüber T-DM1 wurde in der randomisierten Studie DESTINY-Breast03 gezeigt. Eingeschlossen waren Patientinnen mit fortgeschrittenem HER-2-positivem Brustkrebs, die zuvor Trastuzumab und ein Taxan erhalten hatten. Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS). Unter T-DXd waren mehr Patientinnen nach 12 Monaten progressionsfrei und am Leben als unter T-DM1: 75,8 vs. 34,1% (2). Der allgemeine Gesundheitsstatus und die Lebensqualität blieben unter T-DXd eher erhalten als unter T-DM1, so Kolberg-Liedtke weiter.

Mit der höheren Effektivität kam es aber auch zu mehr Nebenwirkungen im Vergleich zu T-DM1, gab die Expertin zu bedenken. In einem Sicherheitsupdate der DESTINY-Breast03-Studie wurden beispielsweise Übelkeit und Erbrechen unter T-DXd häufiger als unter T-DM1 beobachtet (3). Besonders medikamentenbedingte interstitielle Lungenerkrankungen (ILD)/Pneumonitiden traten wesentlich häufiger auf, betonte Kolberg-Liedtke: 10,9 vs. 1,9% (alle Grade). Die Mehrzahl der festgestellten ILD/Pneumonitiden waren von geringem Schweregrad (Grad 1: 2,7 vs. 1,5%, Grad 2: 7,4 vs. 0,4%). Weitere relevante Nebenwirkungen unter T-DXd, die die Expertin nannte, waren Alopezie, Fatique und Neutropenie.

Breites Anwendungsspektrum, Indikationen untersucht

Das moderne ADC zeigte seine Wirksamkeit auch bei Mammakarzinomen, die HER-2 nur im geringen Maße exprimieren (HER-2-Low), wie Kolberg-Liedtke erläuterte. T-DXd wurde in der Studie DESTINY-Breast04 mit einer Monochemotherapie (Eribulin, Capecitabin, Gemcitabin, Pacl*taxel oder nab-Pacl*taxel) nach Wahl des Arztes (TPC) verglichen (4). Das mediane PFS betrug in der T-DXd-Gruppe 9,9 Monate und in der TPC-Gruppe 5,1 Monate: Hazard Ratio (HR) 0,50; p <0,001. Das mediane Gesamtüberleben (OS) lag bei 23,4 beziehungsweise 16,8 Monaten (HR 0,64; p = 0,001). Nebenwirkungen ab Grad 3 traten unter T-DXd bei 52,6% der Patientinnen und unter der Chemotherapie bei 67,4% auf. Therapiebedingte ILD/Pneumonitiden ließen sich bei 12,1% (alle Schweregrade) der T-DXd-Patientinnen (vs. 0,6% der TPC-Patientinnen) beobachten, 0,8% der Fälle waren von Grad 5.

Für die Therapie des fortgeschrittenen triplenegativen Brustkrebs (TNBC) ist das moderne ADC Sacituzumab-Govitecan zugelassen. Dieses ADC besteht aus dem Antikörper Sacituzumab, einem Linker und dem zytotoxisch wirksamen Govitecan (5). Sacituzumab richtet sich gegen das Antigen Trop-2 (Trophoblasten-Zell-oberflächenantigen 2), das auf vielen Tumorzellen exprimiert wird, auch beim TNBC. Govitecan ist der aktive Metabolit von Irinotean, einem Topoisomerase-I-Inhibitor. Sacituzumab-Govitecan zeigte in der ASCEND-Studie gegenüber einer TPC deutliche Vorteile hinsichtlich PFS und OS bei Patientinnen mit fortgeschrittenem TNBC, die zuvor mindestens zwei systemische Therapien erhalten hatten (6). Zu den häufigsten Nebenwirkungen des ADCs zählten Neutropenien (Grad 3: 51%) und Diarrhöen (Grad 3: 10%).

Darüber hinaus befindet sich das moderne Anti-HER-2-ADC Trastuzumab-Duocarmycin im Zulassungsprozess der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA). Geprüft wird der Einsatz beim vorbehandelten HER-2-positiven fortgeschrittenen Mammakarzinom.

Derzeit werden die Wirksamkeit und Sicherheit von T-DXd in weiteren Entitäten untersucht, unter anderem beim HER-2-positiven Magen-, nichtkleinzelligen Lungen- (NSCLC), Urothel- und Kolorektalkarzinom. Ähnliches gilt für Sacituzumab-Govitecan, dessen Effektivität und Verträglichkeit zum Beispiel beim Hormonrezeptor-positiven Mamma- und Urothelkarzinom sowie NSCLC evaluiert wird. Dr. rer. nat. Christine Willen

Literatur im Internet:
www.aerzteblatt.de/lit3122
oder über QR-Code.

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